Das Argument in Kürze:
Die New York Times-Journalistin Amanda Taub blickt besorgt auf den Einzug der AfD in den Bundestag. Die ehemalige Menschenrechtsaktivistin hat in der Vergangenheit viel Zeit in Deutschland verbracht, hat Pegida-Demonstrationen beobachtet, Politik- und Gesellschaftswissenschaftler interviewt und Politiker gesprochen. Und sie kommt zu dem Schluss, dass die etablierten Parteien in Deutschland die gewaltige Gefahr, die die AfD für das gesamte politische System darstellt, nach wie vor unterschätzen. Zwei Entwicklungen seien äußerst wahrscheinlich: erstens, dass mit Einzug der AfD die gesamte Politik nach rechts rutschen wird und zweitens, dass das politische System sich hierzulande deutlich polarisiert.
Ein Rechtsruck der etablierten Parteien
Wenn man Deutschland mit Europa vergleiche, zeige das: Die Gefahr, dass die gesamte Politik hierzulande nach rechts rückt, ist sehr groß. Obwohl populistische Parteien oft nur einen kleinen Teil der Stimmen sicherten, führe ihr Einzug in die Parlamente dazu, dass Politiker anderer Parteien Parolen der Populisten kopierten – und mit den Parolen auch die Programmpunkte. Beispiele dafür sind die Entwicklungen in den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien, wo mittlerweile Programmpunkte rechter Populisten politische Realität geworden sind. Es sei daher sehr wahrscheinlich, so Taub, dass durch den Erfolg der AfD die gesamte Politik in Deutschland nach rechts rücken werde und die Regeln in den Bereichen Einwanderung und Integration härter werden – und unmenschlicher.
Eine Polarisierung des gesamten politischen Systems
Darüber hinaus deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass das gesamte politische System durch den Einzug einer rechtspopulistischen Partei polarisierter werde. Wenn sich Linke und Liberale bedroht fühlen, werden sie ihre Reihen hinter sich zu schließen versuchen und ihre Programmpunkte härter zum Ausdruck bringen. Dadurch entsteht eine „Wir gegen sie“-Mentalität, politische Grabenkämpfe spitzen sich zu.
Warum wir diesen Artikel empfehlen:
In dieser ausführlichen Analyse und Wahlinterpretation betrachtet die Journalistin Amanda Taub Deutschland aus der Sicht des linksliberalen amerikanischen Bürgertums. In der ersten Hälfte des Artikels beschäftigt Taub sich damit den Erfolg der AfD zu ergründen, erst in der zweiten Hälfte geht sie auf die Gefahren ein. Dennoch ist der gesamte Beitrag äußerst lesenswert. Selbst für Menschen, die sich viel mit deutscher Politik beschäftigen, bleiben Taubs Interpretationen bereichernd und sie zeigen, wie in linksliberalen Kreisen in den USA über die Ereignisse in Deutschland nachgedacht wird.